Gemeinwohl-Ökonomie

Das Institut für Europäische Ethnologie an der HU Berlin lädt herzlich ein zum Workshop "Gemeinwohl-Ökonomie, Konvivialismus, Postwachstum – Wege in eine nachhaltige Gesellschaft", 30.09.-01.10.2021; CfP bis 30. April 2021

Zusammenfassung

Beschreibung

Gemeinwohl-Ökonomie, Konvivialismus, Postwachstum – Wege in eine nachhaltige Gesellschaft

Abschlussworkshop des DFG-Projekts: Nachhaltige Entwicklung von unten? Die Gemeinwohl-Ökonomie zwischen utopischen Visionen, zivilgesellschaftlichen Initiativen und basisdemokratischen Entscheidungen | 30. September / 01. Oktober 2021, Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt-Universität zu Berlin


Der Klimawandel gefährdet die Existenzgrundlage zukünftiger Generationen. Zusätzlich findet eine zunehmende Polarisierung der Gesellschaft statt, die durch die Ungleichverteilung des Wohlstands und die ungleichen Aufstiegschancen verursacht wird. Die neoliberale Leistungsgesellschaft und der Selbstoptimierungsdruck auf das Subjekt führen außerdem zu Krisenerscheinungen wie Stress, Burnout, Depression und akutem Zeitmangel der erschöpften oder sinnentleerten Arbeitskraftunternehmer*innen. Damit zukunftsfähige und klimaverträgliche Gesellschaften entstehen können, sind tiefgreifende Änderungen von Produktionsprozessen, aber auch von Konsummustern und Lebensstilen dringend notwendig. Dafür benötigt es auch veränderte kulturelle Orientierungen und Wertvorstellungen sowie eine damit verbundene Veränderung der Selbstverständnisse und der mentalen Infrastrukturen.

Eine der Zukunftsvisionen der Nachhaltigkeit sieht eine grundlegende sozial-ökologische Transformation vor, die den Zwang zum ökonomischen Wachstum überwinden und eine nachhaltige Postwachstumsgesellschaft etablieren soll. Konzepte dafür sind u.a. die Gemeinwohl-Ökonomie, Konvivialismus, Commons oder Formen solidarischer Ökonomie. Die Transformationskonzepte geben dabei erste Hinweise für die Etablierung einer zukünftigen Gesellschaft. Diese basiert auf Kooperation, Partizipation, gegenseitiger Wertschätzung und einem solidarischen Miteinander sowie Achtung gegenüber der Umwelt, auf Selbstverantwortung und der eigenen Bewusstwerdung wechselseitiger Verbundenheit. Solche Änderungen von Wertvorstellungen, Selbstverständnissen und sozialen Praktiken zeigen sich auch bei der Ausweitung alternativer solidarischer Wirtschaftsformen wie der solidarischen Landwirtschaft, den genossenschaftlichen Haus- und Wohnprojekten und Ökodörfern oder neuen Formen von Commons wie Urban Gardening, Open Source Hard- und Software oder Repair Cafés.

Wie aber können diese neuen sozialen Formen und Praktiken aus der Nische in den Mainstream gelangen? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um alternative Wertvorstellungen und solidarische oder ökologische Praktiken zu verbreiten? Wie kann ein Miteinander auf dem Weg in eine nachhaltige Gesellschaft gelingen? Und welche Schwierigkeiten ergeben sich dabei? Diese Fragen sollen in dem Workshop gemeinschaftlich diskutiert und weiterentwickelt werden.

Das Ziel des Workshops ist es, Möglichkeiten und Grenzen der Ausweitung alternativer Wirtschafts- und Lebensformen zu erkunden. Dabei werden kleine Unternehmen und nachhaltige Bildungsinitiativen genauso betrachtet wie Regionen auf ihrem Weg in eine nachhaltige Zukunft. Mögliche Ausgangspunkte und Fragerichtungen könnten dabei die folgenden sein:

- Welchen Einfluss haben Ökobilanzierungen und Nachhaltigkeitsberichte in Stiftungen und Unternehmen auf die Strukturen der Unternehmen, die Unternehmenskultur und die sozialen Praktiken der Mitarbeitenden? Welche Widerstände zeigen sich? Welche positiven Erfahrungen werden gemacht? Und inwieweit kann eine veränderte nachhaltige Praxis der Mitarbeitenden auch in den Alltag außerhalb des Unternehmens transferiert werden?
- Wie gelingt es Regionen, einen Weg in Richtung Nachhaltigkeit einzuschlagen? Welche Vorteile ergeben sich daraus? Welche unterschiedlichen Interessen und Konstellationen zeigen sich bei den lokalen Aushandlungen? Welche Bevölkerungsgruppen nehmen an dem Prozess aktiv teil und wer wird implizit oder explizit ausgeschlossen?
- Welche Folgen haben Projektkooperationen von Ökopionieren mit traditionellen Akteuren wie beispielsweise in dem Pilotprojekt „Leben in zukunftsfähigen Dörfern" des deutschen Ökodorfnetzwerks? Welche unterschiedlichen Erfahrungen und Problembereiche werden benannt? Welche Legitimationen und Argumente werden angeführt? Welche unterschiedlichen Welt- und Selbstverständnisse lassen sich dabei rekonstruieren und welche Schnittmengen gibt es?
- Welche Wirkungen haben solidarische Unternehmensformen, kooperative Unternehmenspartnerschaften und veränderte Eigentumsformen von Unternehmen auf Wirtschaft und Politik? Inwieweit lässt sich eine Zunahme an solidarischen, genossenschaftlichen oder gemeinwohl-orientierten Unternehmen feststellen und wie werden sie durch lokale politische Strukturen gefördert? Welche weiteren Rahmenbedingungen benötigen sie? Welche Hemmnisse zeigen sich?
- Welchen Einfluss haben nachhaltige Bildungsinitiativen und ökologische Bewegungen auf Welt- und Selbstverständnisse sowie auf soziale Praktiken? Welche strukturellen Veränderungen können sie erwirken? Welche Gegenbewegungen entstehen dadurch und wie kann einer Polarisierung entgegengewirkt und ein gegenseitiges Verständnis erreicht werden?

Die Vorträge sollten auf empirischer Forschung beruhen und möglichst nicht bereits an anderer Stelle veröffentlicht worden sein. Eine Veröffentlichung der Beiträge ist geplant. Workshop- und Publikationssprachen sind je nach Eingang der Themenvorschläge und beteiligten Personen Deutsch und/oder Englisch. Geplant ist eine Präsenzveranstaltung. Die Möglichkeit einer Onlineteilnahme wird in jedem Fall gegeben sein.

Bitte senden Sie Ihren Themenvorschlag mit Titel, Abstract, Kontakt und Kurz-CV (max. 2 Seiten) bis zum 30. April 2021 an cornelia.kuehn[at]hu-berlin.de

Kontakt

Nähere Informationen

Dr. Cornelia Kühn

cornelia.kuehn[ at ]hu-berlin.de