Toleranz? Herausforderungen und Gefahren

Die Sektionen „Europäische Ethnologie“ und „Soziologie“ der Görres Gesellschaft veranstalten auch in diesem Jahr wieder ein gemeinsames Programm im Rahmen der Jahrestagung der Görres-Gesellschaft; sie findet vom 25.-27.9.2020 an der Universität Regensburg statt. Das Generalthema der Tagung lautet „Toleranz? Herausforderungen und Gefahren“.

Zusammenfassung

Beschreibung

Ambiguitäten verhandeln. Tolerieren als soziale und kulturelle Praxis

In offenen und zugleich vielfach ausdifferenzierten Gesellschaften, in denen unterschiedliche Religionen, politische Überzeugungen, Lebensstile und Weltanschauungen gleichermaßen ihren Platz beanspruchen, ist die Frage, wie die Menschen mit dem Anderssein der Anderen umgehen, von zentraler Bedeutung. Die zunehmende Diversität der Gegenwartsgesellschaft, verbunden mit der medialen Präsenz äußerst heterogener Wissensbestände verlangt von Subjekten wie auch sozialen Gruppen, mit Mehrdeutigem, Widersprüchlichem und Gegensätzlichem zu leben – und Ambiguitäten zu verhandeln. Welche Rolle spielt das Tolerieren als soziale und kulturelle Praxis in diesen Aushandlungsprozessen? Wie gestalten sich Interaktionen auf der Basis eines wechselseitigen Sich-Infragestellens? Oder brauchen heterogenen Gesellschaften ein gewisses Maß an Streit und wie könnten die Bedingungen der Möglichkeit einer produktiven „Streitführung“ (Georg Simmel) aussehen?

Auf gesellschaftlicher Ebene zeigt sich die zunehmende Diversität in hegemonialen Spannungsfeldern von Benachteiligung und Bevorteilung, von Fremdmachen und Eingliedern, von Zurückweisen und Geltenlassen, Unterdrücken und Anerkennen oder Offenlassen. So unterscheiden sich Gesellschaften auch hinsichtlich ihrer „Ambiguitätstoleranz“ (Thomas Bauer). Unter welchen Bedingungen und auf welche Weise werden dem Aus- und Verhandeln Grenzen gesetzt oder finden gar ein Ende durch Praktiken der Vereindeutigung und Dynamiken der Radikalisierung („repressive Toleranz“ Herbert Marcuse / „Paradoxon der Toleranz“ Karl Popper)?

Toleranz kann dabei als eine spezifische Form der soziokulturellen Praxis des Umgangs damit verstanden werden. Sie wird in unterschiedlichen historischen, ökonomischen, religiösen und weltanschaulichen wie wissenschaftlichen Kontexten und Perspektiven situativ unterschiedlich als Tugend, als Haltung (Respekt), gesellschaftlicher Maßstab, oder als Schwäche, nicht zuletzt als Machtmittel eingeschätzt und bewertet.

Die Referate sollen sich historisch oder gegenwartsdiagnostisch auf konkrete Bereiche des sozialen Zusammenlebens und der Alltagsgestaltung beziehen, oder stärker auf institutionalisierte gesellschaftliche Felder (z.B. Religion, politische Ökonomie, Bildung, Wissenschaft, Kunst) ausgerichtet sein. Ziel der Veranstaltung ist es, eine intensive Diskussion über Zusammenhänge von Deutungspraktiken, sozialen, kulturellen Grenzziehungen und Radikalisierungsprozessen anzustoßen.

Abstracts (200-250 Wörter) bitte bis 02.06.2020 an: Prof. Dr. Heidrun Alzheimer, Universität Bamberg.

Eine Tagungsgebühr wird nicht erhoben. Die Anmeldung erfolgt über die Website der Görres-Gesellschaft.

Kontakt

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Prof. Dr. Heidrun Alzheimer

heidrun.alzheimer[ at ]uni-bamberg.de